JA sagt die Finanzverwaltung! Kapitalertragsteuer auch für festverzinsliche reine NACHRANGDARLEHEN beim Crowdinvesting
Abzugsverpflichtung für Kapitalertragsteuer für Emittenten beim Crowdinvesting
Kapitalertragsteuer-Abzugsverpflichtung auch für
Nachrangdarlehen mit fester Verzinsung;
Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 30.04.2019
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Wir haben am 21. Februar 2019 eine formale Anfrage an das Bayerische Landesamt
für Steuern hinsichtlich der Frage der Abzugsverpflichtung bezüglich
Kapitalertragsteuer bei Nachrangdarlehen mit fester Verzinsung (fixe
Verzinsung) im Rahmen von sogenannten Crowdinvesting Vermögensanlagen, bei
denen die Emittenten in Deutschland ansässige Unternehmen sind, gestellt.
Das
Bayerische Landesamt für Steuern hat daraufhin in seiner Stellungnahme vom
30.04.2019 zur Thematik einer etwaigen Kapitalertragsteuerabzugsverpflichtung
bei Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Nachrang und fixem Zins festgestellt,
dass auch in den Fällen, in denen zwar vordergründig kein Erfolgszins
vereinbart sei, sich jedoch aufgrund der Vertragsgestaltung ein partiarischer
Charakter ergäbe, grundsätzlich und zweifelsohne eine
Kapitalertragsteuer-Abzugsverpflichtung für den Emittenten dieser
Vermögensanlagen bestehe.
Zitat Bayerisches Landesamt für Steuern: „Ihre Rechtsauffassung, nach der
aufgrund des partiarischen Charakters des vorgelegten Muster-Darlehensvertrages
eine Abzugsverpflichtung der Kapitalertragsteuer beim Schuldner der
Kapitalerträge entsteht, wird geteilt.“
Der in der Crowdinvesting-Praxis gebräuchliche Darlehensvertrag sähe eine
Festverzinsung mit einem relativ hohen festen Zinssatz (z. B. 6 % p. a.)
vor.
Die Zinsen würden, vorbehaltlich der Nachrangigkeit, turnusmäßig fällig (z.B.
jährlich, halb-jährlich etc.) und würden auf das hinterlegte Bankkonto des
Anlegers (Crowdinvestors) aus-gezahlt werden. Als qualifizierter Rangrücktritt
wäre vereinbart, dass die Geltendmachung sämtlicher Forderungen des Anlegers
gegen den Emittenten, insbesondere der Forderungen auf Rückzahlung des
Darlehensbetrages und auf Zahlung der Zinsen, soweit und solange
ausgeschlossen seien, wie die Geltendmachung der Ansprüche einen
Insolvenzgrund beim Unternehmen herbeiführen würde.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG würde bei
inländischen Kapitaler-trägen aus partiarischen Darlehen die Einkommensteuer
durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben. Kennzeichnend für
ein partiarisches Darlehen sei es, dass die Vergütung nicht oder nicht
ausschließlich in einem festen Zinssatz bestehe, sondern in einem Anteil an dem
vom Darlehensempfänger erwirtschafteten Erfolg (Bundesfinanzhof (BFH) Urteil
vom 13.09.2000, I R 61/99, BStBl 2001 II S. 67).
Es müsse demnach eine „gewisse Erfolgskomponente“ gegeben sein.
Nach dem Urteil des BFH vom 22.06.2010, I R 78/09, Rn. 23, könne die
Ergebnisabhängigkeit einer Vergütung auch daran festgemacht werden, dass die
vereinbarten Zinsen erst dann zur Zahlung fällig würden, wenn der Schuldner
über ausreichende Liquidität verfüge. Diese zeitlich begrenzte
Stundungsregelung führe faktisch dazu, dass der Gläubiger erst und nur dann
einen durchsetzbaren Anspruch auf den Darlehenszins erlangen würde, wenn der
Schuldner ein entsprechendes positives Betriebsergebnis erziele.
Durch das Urteil des BFH sei zu erkennen, dass er in der Liquidität einen
Indikator für den Erfolg eines Unternehmens sieht und die Koppelung einer
Verzinsung an die Liquidität als erfolgsabhängig anzusehen sei.
Zitat Bayerisches Landesamt für Steuern: „Ein Darlehen, bei dem die
Zinszahlungen erst dann fällig werden, wenn der Darlehensnehmer über
ausreichend Liquidität verfügt, ist daher als partiarisches Darlehen
anzusehen.“
Im geschilderten Muster-Fall sei durch die Vereinbarung des qualifizierten
Rangrücktritts eine faktische Abhängigkeit der Zinszahlung von der Liquidität
des Unternehmens anzunehmen, da die Zahlung nur bzw. erst erfolge, wenn
genügend liquide Mittel zur Verfügung stünden. Eine unbedingte Geltendmachung
der Ansprüche sei aufgrund der Nachrangigkeit nicht möglich.
Es würde demnach also eine Koppelung der Zinszahlung an die Liquidität des
Unternehmens stattfinden. Die Bedingung, dass eine Geltendmachung soweit und
solange ausgeschlossen sei, wie die Forderung der Ansprüche einen
Insolvenzgrund herbeiführen würde, sei, wie im beschriebenen BFH-Urteil
ausgeführt, als Ergebnisabhängigkeit der Vergütung anzusehen und verleiht dem
Darlehen den partiarischen Charakter.
Zitat Bayerisches Landesamt für Steuern: „Das Darlehen ist deshalb als
partiarisches Darlehen einzustufen. Die Emittenten der Vermögensanlagen sind
deshalb als Schuldner der Kapitalerträge nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 44
Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zum Einbehalt der
Kapitalertragsteuer verpflichtet.“
Fazit:
Die Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Steuern hat für die Beratungspraxis eine wichtige Bedeutung.
Emittenten solcher Vermögensanlagen sollten daher grundsätzlich davon ausgehen, dass auch bei rein festverzinslichen Crowdinvesting Nachrangdarlehen für den Schuldner der Kapitalerträge eine Abzugsverpflichtung für Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer besteht.
Würde man als Emittent diese sich ergebende steuerliche Pflicht ignorieren, würde dies für den Emittenten und die handelnden Personen des Emittenten zur Erfüllung eines Haftungstatbestandes führen, ggf. würde auch der Tatbestand der Steuerverkürzung erfüllt werden. Emittenten, die auf „Nummer sicher“ gehen möchten, sollten daher die Kapitalertragsteuer nebst Annexsteuern (Soli, Kirchensteuer) bei Zinszahlungen an ihre Investoren (Anleger) ein-behalten und an das Finanzamt abführen.
Natürlich kann man im Vorfeld einer Emission den individuellen Darlehensvertrag vom Betriebsstätten Finanzamt des Emittenten über einen formalen Antrag auf verbindliche Auskunft prüfen lassen, wenn man der Meinung ist, eine Abzugsverpflichtung bestünde trotz der vorgenannten Gründe dennoch nicht. Dieser Antragsprozess dauert in der Regel mehrere Wochen und passt an sich nicht in die dynamische Welt der digitalen Unternehmensfinanzierung über die Crowd.
Im Übrigen sei angemerkt, dass die Beachtung einer Abzugsverpflichtung per se weder für den Emittenten noch für den inländischen Crowdinvestor Nachteile bringt. Der Emittent entgeht etwaiger Haftungsansprüche oder sogar einem Steuerstrafverfahren, für den Investor wird an der Quelle besteuert und damit ist die Abgeltungswirkung eingetreten. Der Investor muss dann nicht wegen etwaiger Kapitalerträge seine Einkommensteuererklärung machen, wenn er ansonsten dazu nicht verpflichtet wäre. Versteuert werden müssen die Zinsen so oder so, egal ob mit oder ohne Einbehalt der Kapitalertragsteuer. Ausländische Investoren können sich indessen die deutsche Steuer über einen Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern erstatten lassen.
Im Übrigen sollten die Plattformbetreiber der Crowdinvesting Plattformen, über die schlussendlich solche Vermögensanlagen vermittelt werden tunlichst ihre Kunden und Emittenten auf eine etwaige Abzugsverpflichtung verbindlich und dokumentiert hinweisen, um nicht selbst als möglicher Haftungsschuldner in Anspruch genommen zu werden, vor allem vor dem Hintergrund, dass die gesamten Vertragswerke in der Regel den Emittenten von den Plattformbetreibern zur Verfügung gestellt werden und sich die Emittenten weitestgehend auf die Expertise der Plattformbetreiber verlassen und im Schadensfall die Betreiber mitverantwortlich machen könnten.
Diplom-Kaufmann
Universität
Dr. Schenk (Steuerberater)
KANZLEI DR. SCHENK
www.kanzleidrschenk.de
14. Mai 2019
Blog KANZLEI DR. SCHENK

